Frontsplitter #4

Frontsplitter #4

18.08.2014 20:17

Vierter Teil der RP-Kommentierung in Kurzgeschichten-Form zum Verlauf der MBO unter dem Titel "Frontsplitter" (by VF).

Ziel dieser in unregelmäßigen Abständen erscheinenden Kurzgeschichten soll sein, alle Mitglieder der 12th Donegal Guards mit den momentanen Geschehnisse in der MBO Liga vertraut zu machen und auf dem Laufenden zu halten. Hierbei werden die Perspektive und handelnden Personen jeweils an die aktuellen Geschehnisse angepasst werden. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.




Frostbite Bottleneck, Sirius, Konföderation Capella, 17. August 3049, 13:34 Uhr Ortszeit

Der Lärm war ohrenbetäubend, das Licht unerträglich.

Tibor Halstead, Oberfeldwebel der 2. Kompanie, 1. Bataillon des 204. Mechanisierten Infanterie-Regiments, starrte entsetzt auf die dampfenden Überreste seines Kompanieführers. Oberleutnant Harris hatte gerade noch neben seinem Schützenloch gekniet und ihm irgendetwas zugerufen als die Welt um sie plötzlich in gleißendes Licht getaucht worden war. Hastig nahm Halstead den Kopf wieder herunter, wischte mit der Hand über seine angelaufene Schneebrille und versuchte die verschwommenen Nachbilder auf seiner Netzhaut wegzublinzeln.

Ein einzelner Laserstrahl, armdick, hatte gerade die soldatische Karriere eines Mannes beendet, den er seit seiner Musterung gekannt hatte. Die Stimmen in seinem Helmfunk überschlugen sich und verstärkten die um ihn tobende Kakophonie aus krepierenden Granaten und knatternden Automatikwaffen ins Unermessliche. Halstead spürte die Vibrationen der Einschläge, die sein Schützenloch immer wieder mit Schnee und Erdbrocken überschütteten und ihn bis ins Mark erschütterten.

Ihm war trotz der herrschenden Umgebungstemperatur von 15°C unter Null siedend heiß. Ein unbeteiligter Beobachter hätte diese Empfindung auf das wenige Meter entfernt stehende Wrack eines Goblin Schützenpanzers zurückgeführt, welches bereits seit einigen Minuten immer wieder meterhohe Flammenlohen in den Himmel spie. In Wahrheit aber kochte Halstead vor Hass. Hass auf die verdammten Capellaner, deren Sturheit seine Regimentskampfgruppe gezwungen hatte, zu diesem eisigen Drecksloch vorzurücken. Hass auf die verdammten Offiziere vom Bataillon, die seiner Einheit aufgetragen hatten, diesen Pass für eine weitere Angriffswelle zu sichern. Und Hass auf den Archon, der dieses ganze Unternehmen letztendlich zu verantworten hatte.

Eine Bewegung riss Halstead aus seiner dunklen Grübelei. Ein klobiger Schemen rutschte neben ihm in sein Schützenloch. Halstead schwang sein DefHes-33-Sturmgewehr nach rechts, den Finger am Abzug.

"Oberfeld!", stieß der Schemen hastig hervor, worauf Halstead seine tödliche Absicht fallen ließ und stattdessen den Gefreiten Berger mit einem scharfen Ruck seines Armes tiefer in Deckung zog.

"Mensch, Berger!", brüllte Halstead seinem Nebenmann ins Ohr, "Die da draußen meinen's ernst! Sie können in diesem Feuerzauber doch nicht einfach spazieren gehen!"

"Befehl vom Bataillon, Herr Oberfeld! Wir sollen die Stellung hier aufgeben und uns 800 Meter zurückfallen lassen! Anscheinend sind wir irgendwem im Weg!", brüllte Berger zurück und zeigte dabei auf das unhandliche Hochleistungsfunkgerät, das er auf dem Rücken trug.

"Haben die Knalltüten mal aus dem Fenster geguckt? Wir können hier nicht weg! Der Feind kann doch die ganze Linie samt Zugangsweg einsehen! Glauben die, wir hätten die meisten unserer Panzer angezündet, weil uns kalt ist?"

Berger nuschelte irgendwas, was in einer nahen Explosion unterging. Ein scharfkantiges Trümmerstück pfiff über ihre Köpfe hinweg. Beide kauerten sich noch etwas tiefer in die Erde.

"Berger!", schrie Halstead, "Rufen Sie das dreimalverfluchte Bataillon! Sagen Sie denen, dass wir festgenagelt sind. Wenn Oberst Delacroix morgen noch eine 2. Kompanie zu kommandieren wünscht, soll er sich was Besseres einfallen lassen!"

"Wollen Sie nicht erst Oberleutnant Harris fragen?", gab Berger zurück.

"Der ist im Urlaub! Nun machen Sie schon, Berger!"

Berger nahm hastig einige Einstellungen an seinem Funkgerät vor und gab dem Diensthabenden im Bataillonsgefechtsstand die Einschätzung der taktischen Lage seitens der Kompanie durch, während Halstead sich über den Rand des Schützenlochs lehnte und eine ratternde Automatik-Salve in den wallenden Rauch abgab, der die Stellung der ihnen gegenüberliegenden capellanischen Einheit umwehte.

"Was?", rief Berger.

"Ich hab' gefragt, was die Eierköpfe sagen.", wiederholte Halstead.

"Das Bataillon sagt, wir sollen uns dann doch hier festkrallen. Anscheinend kann Sie jemand beim Stab doch leiden und hat uns eine Lanze von der 15. Garde gefunden, die auf dem Weg hierher ist. Anscheinend sollten wir für die Platz machen.", antwortete Berger und setzte dabei sein schiefes Grinsen auf, für das er bekannt war.

"Wurde auch Zeit, verdammt. Sonst noch was?"

"Das ist der Teil, der ihnen nicht gefallen wird, Oberfeld. Die scheinen vor allem mit LRMs bestückt zu sein, haben also in diesem Blizzard Schwierigkeiten, Ziele zu orten. Wir sollen da raus gehen und für sie markieren!"

Halstead kam fast die Galle hoch. "Ein Stoßtrupp-Unternehmen in diesem Kugelhagel? Von mir aus kann Delacroix mir den-..."

Der zweite Teil des Satzes ging in einem weiteren Trommelwirbel aus nahen Detonationen unter, worüber Berger nicht ganz unglücklich war.

Halstead wischte sich Schneebrocken vom Helm. "Also, gut. Fragen Sie beim Bataillon nach Artillerieunterstützung in Form von Nebel-, Blend- und Splittergranaten. Das Wetter hier ist zwar schlecht, aber die Burschen zielen trotzdem nicht übel. So ziehen sie wenigstens den Kopf ein und mit der Sicht ist's dann völlig Essig."

"Aber ohne Markierungen...", hob Berger an.

Halstead schnitt ihm das Wort ab. "Scheiß auf die Markierungen, die Ari-Bubis müssen nur ungefähr in die Richtung der Capellaner halten. Während die dann blind und halb taub ihre Eier suchen, markieren wir exakte Ziele für die Blechkumpels von vorne!".

"Zu Befehl!", rief Berger und machte sich wieder an seinem Funkgerät zu schaffen. "Ist bestätigt, Artillerie bereit und wartet auf Ihr Signal, Herr Oberfeld!"

Der Oberfeldwebel schaltete sein Kurzstrecken-Kom ein. "1. bis 4. Zug, melden! Kommen."

"1. Zug bereit."
"2. Zug hört."
"4. Zug auf Empfang."
"3. Zug hier!"

"Hier Halstead. Ziehen Sie auf mein Zeichen jeden vierten Mann aus der Linie zu den letzten beiden Maxim-Panzern hinter dem Auffang-Graben und lassen sie aufsitzen! Kommen."

Er ließ sich seine Befehle bestätigen und schaute dann Berger an. "Geben Sie der Artillerie das Signal. Dauerfeuer. Einstellung des Beschusses nur auf meinen Befehl!"

Berger hob den Daumen und sprach hektisch ins Funkgerät.

Kurz darauf geschah mit dem Horizont hinter ihren Linien etwas Absonderliches. Grelle Blitze erleuchteten den Nebel hinter ihnen und hohes schrilles Pfeifen erfüllte die Luft. Eine knappe halbe Minute später zerriss ein trockenes Knacken den Wirbelsturm des Gefechtslärms. Die rauchumwallten feindlichen Stellungen voraus verschwanden nun völlig hinter blendenden Detonationen. Glitzernde Schneefontänen erhoben sich und stürzten wieder zusammen. Feuerblumen erblühten in der Luft und überschütteten die feindlichen Linien mit leuchtenden Funken, die Schweife aus Rauch hinter sich herzogen und die Sicht nun völlig verlegten.

Berger und Halstead starrten einige Augenblicke auf das höllische Spektakel.

Halstead brach als Erster den Bann und schaltete seinen Helmfunk ein. "Kompanie, Ausführung des letzen Befehls!"

Er schwang sich sein Gewehr am Riemen über den Rücken, packte Berger am Kragen und zog den Obergefreiten aus dem Erdloch.

"Hoch jetzt, Berger. Zu den Panzern!", schrie Halstead.

Beide taumelten über den zerwühlten Schneematsch zu den rückwärtigen Auffanggräben, während die in ihren Stellungen verbliebenen lyranischen Infanteristen Deckungsfeuer in Richtung der Capellaner feuerten. Halstead blickte sich um und sah sich bald von mehreren verschwommenen Gestalten umgeben, die mit ihm in Richtung der hinteren Linien rannten. Sie erreichten die Brustwehr des angesteuerten Grabens, ließen sich hineinfallen und setzten dann ihren Weg aus dem Graben die abschüssige Böschung hinunter fort, hinter der zwei Maxim-Schwebepanzer unter weißen Tarnnetzen verborgen waren. Beide Panzer waren fast völlig von mit Schnee und Matsch gefüllten Säcken umgeben, um sie nicht unnötiger Gefahr auszusetzen.

"Sturmtrupp sammeln!", übertönte Halsteads Stimme den Lärm des Feuerüberfalls.

Er wartete einen Moment bis sich die ausgewählten Soldaten vor den Transportern eingefunden hatten. Halstead musterte sie. Sie waren ein grimmig aussehender Haufen in weiß-grauem Flecktarn. Viele hatten sich weiße Tücher um Mund und Nase gebunden. Zusammen mit den dunklen Schneebrillen sorgte dies dafür, dass nur der in Tarnfarben gehaltene Namensschriftzug auf ihren Flakwesten über ihre Identität Aufschluss gab.

Halstead erklärte ihnen in kurzen Sätzen, was ihr Auftrag war und was von ihrem Unternehmen abhing. Die meisten quittierten seine Ausführungen mit einem knappen Nicken.

"Alles klar, Männer. Aufsitzen!"


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